An "#allesdichtmachen" beteiligte Schauspieler:innen zeigen sich über den Shitstorm entsetzt. Einer der Drahtzieher will ihn hingegen erwartet haben. Der "Tatort"-Regisseur Dietrich Brüggemann steht im Zentrum der Kampagne. (...) Brüggemann dagegen teilt gegen Kritiker:innen weiter aus. Er schimpft, die Leute verlören jedes Maß, im Prinzip sei es ein Lynchmob, der sich da zusammenrotte, und Leute privat und beruflich fertigmachen wolle. "Das ist in der Struktur faschistoid." Auf Twitter teilte er die Behauptung, "#allesdichtmachen" sei viel weniger Kritik an den Maßnahmen und der Regierung, als an denen, die laut und entrüstet bellten.
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netzpolitik.org)
Nachdem Schauspielkollegen die Internetaktion #allesdichtmachen heftig kritisiert hatten, hat sich am Freitag auch WDR-Rundfunkrat Garrelt Duin geäußert. Auf Twitter schrieb Duin: "Jan Josef Liefers und Tukur u.a. verdienen sehr viel Geld bei der ARD, sind deren Aushängeschilder. Auch in der Pandemie durften sie ihrer Arbeit z.B. für den Tatort unter bestem Schutz nachgehen. Durch ihre undifferenzierte Kritik an 'den Medien' und demokratisch legitimierten Entscheidungen von Parlament und Regierung, leisten sie denen Vorschub, die gerade auch den öffentlich-rechtlichen Sendern gerne den Garaus machen wollen."
Aus diesen Gründen fordert Duin Konsequenzen für die Schauspieler. Sie hätten sich als Vertreter der öffentlich-rechtlichen Sender "unmöglich" gemacht. Die zuständigen Gremien müssten die Zusammenarbeit – "auch aus Solidarität mit denen, die wirklich unter Corona und den Folgen leiden – schnellstens" beenden. Daraufhin entlud sich ein Shitstorm gegen den SPD-Politiker. Der Tweet wurde mittlerweile gelöscht.
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Berliner Zeitung)
Ebenso wenig zielführend: Kritik als solche zu delegitimieren. Das ist ja der Popanz, zu dem sich die Videos chorisch aufraunen: Nichts darf man mehr sagen. Doch, darf man. Aber ein Minimum an Analysefähigkeit, Informiertheit und Verständnis für die allgemeine Lage hülfe dabei. Diskurs ist kein Wünsch-dir-Was, man kann weder je nach Belieben die Covid-Toten einfach ausblenden noch den wissenschaftlichen Konsens dahingehend verzerren, es gebe zwei gleichrangige Lager, von denen das eine die Pandemie unzulässig dramatisiere und das andere aus Gott weiß welchen Gründen nicht gehört werde. Beziehungsweise: Auch das darf man natürlich. Es ist alles von der Kunstfreiheit gedeckt.
Man darf dann nur nicht mehr erwarten, von ernst zu nehmenden Leuten ernst genommen zu werden. Fürderhin ist man verdammt, mit anderen Pseudoseriösen großformatige Interviews zu führen, in denen man sich dann über Cancel Culture beklagen darf, weil die eine oder andere Regisseurin keine Lust hatte auf Schwurbler am Set.
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Zeit.de)
Niemand verbietet den Künstlern, ihre Meinung zu äußern. Genau dies, eine Meinung äußern zu dürfen, das ist das Grundrecht. Was aber in Wahrheit eingefordert wird, ist dass diese Meinungsäußerung akzeptiert, der Inhalt der Meinungsäußerung als tolerabler Standpunkt gewertet wird und der Äußernde von jeglicher Konsequenz seiner Äußerung freigestellt werden müsse. (...)
Die Haltung, alles was man sagen darf, müsse gefälligst auch ohne Konsequenzen gesagt werden dürfen sehe ich immer bei den Rechten (je extremer rechts, desto größer der Anspruch) und bei den Verschwörungsanhängern. Die Künstler werden sich für ihre Aktion vermutlich persönlichen Konsequenzen stellen müssen. Entweder sind sie dadurch Märtyrer oder Verschwurbelte. Die Mehrheit hält sie offenbar für letzteres und das hat Konsequenzen.
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Zeit-Leserkommentar von "drouiz")