"Kurzfristig sieht das anders aus. Da kosten Einwanderer erst mal Geld. Der Sozialstaat kümmert sich. Aber je mehr Einwanderer kommen, desto stärker gerät der Sozialstaat unter Druck. Was geschieht, wenn so viele vor der Tür stehen, dass sie zu den jetzigen Standards nicht mehr versorgt werden könnten? Schließt man die Grenzen? Oder ändert man die Standards? Für das Einwanderungsland Deutschland ist das eine Schicksalsfrage. Auf der politischen Rechten ist sie schnell beantwortet. Weil man dort keine Einwanderung will, finden sich plötzlich ungeahnte Verteidiger des Sozialstaats. (...)
Aber man kann das Argument auch umdrehen und den Rechten recht geben: Weil sich die Einwanderung nicht mit dem bisherigen Sozialstaat verträgt, entscheiden wir uns für die Einwanderung und für einen anderen Sozialstaat."
Jakob Augstein: "
Ein deutscher Traum", 09.07.2018
Migration war schon immer Teil der Menschheitsgeschichte, und wir erkennen an, dass sie in unserer globalisierten Welt eine Quelle des Wohlstands, der Innovation und der nachhaltigen Entwicklung darstellt und dass diese positiven Auswirkungen durch eine besser gesteuerte Migrationspolitik optimiert werden können.
UN-Migrationspakt (Entwurfsdokument)
"Der Club der globalen Großkonzerne und Milliardäre, Weltwirtschaftsforum, der jährlich in Davos zu Stelldichein ruft, hat enormen politischen Einfluss. Diesen hat er intensiv, planmäßig und erfolgreich genutzt, um bei den Vereinten Nationen und den Regierungen für mehr Migration, niedrigere Löhne und weniger Sozialstaat zu werben. Der UN-Migrationspakt, den die Bundesregierung im Dezember mit unterschreiben will, ist eine Frucht dieser Arbeit.
Wenn man die Einlassungen der Konzernlobbyisten zum Thema Migration liest, versteht man etwas besser, was das Migrationsabkommen mit seiner ziemlich wolkigen Sprache eigentlich bezweckt: (...)
GFMD Business Mechanism 2017:
Mexico Statement: 'Wir ermutigen Regierungen, reguläre Wege für Migration und Mobilität zu schaffen. Unser Ziel ist ein regulatorisches Umfeld, in dem Arbeitsmigrationspolitik den Unternehmen hilft.'
Weltwirtschaftsforum: '
The Business Case for Migration' 2013 (teils sinngemäß zusammengefasst):
Das Weltwirtschaftsforum hat eine öffentlich-private Koalition zur Förderung der Migration gebildet.
Politische Parteien, die Zuwanderung zu begrenzen und zu kontrollieren versprechen, sind ein Problem. Sie schaden der Wirtschaft.
Migration sollte man heute nicht mehr als eine Beziehung zwischen Individuum und Staat verstehen, sondern als Beziehung zwischen Individuum und Arbeitgeber, vermittelt über den Staat. (...)
Weiß man, wie das UN-Migrationsabkommen entstanden ist, wundert man sich nicht mehr so sehr über den Inhalt."
Norbert Häring: "
Was das Weltwirtschaftsforum mit dem UN-Migrationsabkommen zu tun hat", 21.07.2018
Wir werden unter voller Achtung der Medienfreiheit eine unabhängige, objektive und hochwertige Berichterstattung durch die Medien, einschließlich Informationen im Internet, fördern (...).
UN-Migrationspakt (Entwurfsdokument)
"Die Tagesschau hat zur Begleitung der Informationsoffensive des Hauses Maas gestern ihr Schweigen über den Migrationspakt ein weiteres Mal gebrochen. Die Bundeskanzlerin durfte sagen, 'dass wir gegen illegale Migration sind' und die Tagesschau erläuterte passend, worum es bei dem Pakt geht. Der erste Punkt auf der Liste war allen Ernstes: 'Bedingungen für
weniger Migration schaffen.'"
Norbert Häring: "
Wie Regierung und Tagesschau den Migrationspakt schönlügen", 02.11.2018
Wir werden Aufklärungskampagnen fördern, die an die Gesellschaften in den Herkunfts-, Transit- und Zielländern gerichtet sind und den Zweck haben, auf der Grundlage von Beweisen und Fakten die öffentliche Wahrnehmung des positiven Beitrags einer sicheren, geordneten und regulären Migration zu gestalten (...).
UN-Migrationspakt (Entwurfsdokument)
"So hat zum Beispiel erst im Januar eine Bundesbank-Studie ganz klar festgestellt, dass die Zuwanderung aus der EU nach Deutschland in den letzten Jahren eine große Rolle bei der sehr schwachen Lohnentwicklung gespielt habe. Arbeitgeber und viele nicht direkt betroffene Arbeitnehmer, sowie Anleger, haben offenkundig einen Vorteil von der Zuwanderung. Dagegen haben viele von den gedrückten Löhnen stark betroffene Arbeitnehmer oder Arbeitslose vor allem Nachteile. Im Zweifel sind die letzten beiden Gruppen ohnehin diejenigen, denen es weniger gut geht. Wenn das so ist, dann darf man keinesfalls alle, die Zuwanderung für sich oder für Gruppen, denen sie sich zugehörig fühlen, als Nachteil sehen, allein schon deshalb als Rassisten oder Fremdenfeinde brandmarken.
Auch als Mittel zur wirtschaftlichen Entwicklung der Herkunftsländer soll Abwanderung gefördert und in die Entwicklungspolitik integriert werden. Die vorgebliche Logik: Die Gastländer profitieren durch zusätzliche Arbeitskräfte, die Herkunftsländer durch Heimüberweisungen. Dass es für ein armes Land in Afrika besser wäre, wenn die dort teuer ausgebildeten Ärztinnen und Ingenieurinnen im Lande blieben, als wenn sie nach Europa gehen und regelmäßig ein paar Euro heimüberweisen, sollte außer Frage stehen. Zumal, wenn sie ihre Familien, wie das Migrationsabkommen fordert, bald nachholen können. Dieses Problem des 'Brain Drain' wird im ganzen Abkommen totgeschwiegen. Abwanderung ist gut für arme Länder. Basta."
Norbert Häring: "
Wozu sich Deutschland mit dem UN-Migrationsabkommen wirklich verpflichtet", 19.07.2018
"Der mexikanische Entwicklungsökonom Raul Delgado Wise, einer der führenden Experten aus dem Süden, kritisiert dies auf Anfrage als sehr einseitige Sicht. Er ist Unesco-Koordinator für Migration und Entwicklung und Präsident des Internationalen Netzwerks für Migration und Entwicklung. Er stellt fest:
'Wenn man sich die Daten anschaut, ist Migration eine Subventionierung des Nordens durch den Süden.'
So machten die Überweisungen von Mexikanern aus den USA in ihre Heimat nur ein Drittel dessen aus, was die USA allein an Bildungsausgaben hätten aufwenden müssen, um Arbeitskräfte mit dem Bildungsniveau hervorzubringen, wie es mexikanische Einwanderer aufwiesen. Da die Hälfte von diesen keinen legalen Status habe, arbeiteten sie noch dazu zu sehr niedrigen Löhnen und könnten kaum Sozialleistungen in Anspruch nehmen.
Eine aktuelle Studie der US-Großbank Citi zusammen mit Oxford-Professor Ian Goldin bestätigt dieses Verdikt, aus der Industrieländerbrille.
'Migranten kommen mit Ausbildung und Erziehung, für die das Ursprungsland bezahlt hat. Sie nehmen weniger Sozialleistungen in Anspruch und bekommen weniger staatliches Geld als Bürger des Landes und sie sind in aller Regel im arbeitsfähigen Alter.' (...)
Delgado Wise kritisiert: 'Heimüberweisungen sind das neue Entwicklungsmantra.' Das 'unrealistische Win-win-win-Szenario' der UN-Organisationen begünstige einseitig die Interessen der Empfängerländer und der Arbeitgeber dort'. Vor allem die Weltbank habe viel dazu beigetragen, das neue Mantra durchzusetzen, diagnostiziert er.
Schützenhilfe bekommt er ausgerechnet von der Schwesterorganisation eben jener Weltbank, dem Internationalen Währungsfonds (IWF). Vier Ökonominnen und Ökonomen des Fonds haben unter dem Titel '
Are Remittances Good for Labor Markets' eine empirische Studie vorgelegt, die zeigt, dass die große Abhängigkeit vieler armer Länder von Heimüberweisungen für diese ein beträchtliches Problem darstellt. 'Sie vermindern die Erwerbsbeteiligung und erhöhen den Anteil informeller Beschäftigungsverhältnisse', heißt es darin. (...)
Auch die Bundesregierung will, laut einer
Ausarbeitung des wissenschaftlichen Dienstes des Bundestags (Abs. 2.3. Nr. 2), irreguläre Migration durch bessere Ausbildung in den Herkunftsländern bekämpfen, damit die Wandernden bessere Arbeitschancen haben. Wenn das nicht zynisch ist. Die Herkunftsländer sollen gefälligst die Leute, die sie nach Deutschland entlassen, vorher anständig ausbilden. (...)
Auch in den Zielländern profitieren nicht unbedingt alle Gruppen von der Zuwanderung. In einer im Internet dokumentierten Präsentation sagte der Vizechef der Generaldirektion Volkswirtschaft der Bundesbank im Januar: 'Nettoeinwanderung aus EU-Staaten war in den letzten Jahren ein Faktor, der die Lohnsteigerungen stark dämpfte.' Was gut ist für die Arbeitgeber, ist offenbar nicht unbedingt auch gut für die Arbeitnehmer."
Norbert Häring: "
Das Migrationsabkommen als letzter Sargnagel für die linken Parteien", 24.10.2018
Wir verpflichten uns, die Optionen und Wege für eine reguläre Migration in einer Weise anzupassen, die in Widerspiegelung der demografischen Wirklichkeit und der Realität auf dem Arbeitsmarkt Arbeitskräftemobilität und menschenwürdige Arbeit erleichtert (...), mit dem Ziel, die Verfügbarkeit von Wegen für eine sichere, geordnete und reguläre Migration zu verbessern und zu diversifizieren.
UN-Migrationspakt (Entwurfsdokument)
"In der Linkspartei dürfte derweil die Debatte um den Migrationspakt den lange währenden Streit um die Ausrichtung in der Flüchtlings- und Einwanderungsfrage weiter verschärfen. So begrüßte die Innenpolitische Sprecherin der Linksfraktion, Ulla Jelpke, grundsätzlich die UN-Initiative. (...)
Demgegenüber bezieht Fraktionsvorsitzende Sahra Wagenknecht Stellung gegen den Pakt. So empfahl sie in einem am Sonntag verschickten Rundbrief einen 'sehr spannenden Artikel zu diesem Thema' des Wirtschaftsjournalisten Norbert Häring. Darin kritisiert dieser, die mit dem Pakt angeblich intendierte 'Förderung der Arbeitsmigration' nach der Façon der Großkonzerne würde 'sowohl den Arbeitnehmern in den Zielländern als auch den Herkunftsländern der Migranten' schaden.
Zustimmend zitiert Wagenknecht in ihrer Mail den Schlusssatz von Härings Artikel: 'Linke Parteien, die so etwas mittragen, sind dem Untergang geweiht und haben ihn verdient.'"
taz: "
Rechte Stimmungsmache", 08.11.2018.
Leserkommentar dazu:
"Die Selbstentlarvung von Frau Wagenknecht nimmt erstaunliche Formen an. Ein Parteiübertritt zur AfD dürfte nur eine Frage der Zeit sein."
Abgelegt unter: Agitprop
09.11.2018, 14:10 • Link • Kommentieren