Die Telekom hat ihre
Call & Surf-Aktion schon wieder verlängert. Eine ähnliche Aktion gab es bereits im Sommer, im Herbst wurde sie neu aufgelegt und sollte "nur bis 15.12.2007" gelten, aktuell gilt sie "nur bis 13.01.2008". Der Ausnahmezustand als Normalfall – das erinnert nicht nur an Carl Schmitt oder den "Krieg gegen den Terror", sondern auch an jene Teppichhändler, bei denen ein Räumungsverkauf ("Geschäftsaufgabe!!!") den nächsten jagt.
Eine wichtige und
auch für Telekom-Mitarbeiter
nicht ganz einfach zu beantwortende Frage ist die, ob das Angebot nicht nur zur Neukundenwerbung da ist, sondern auch für Bestandskunden gilt – offenbar nur dann, wenn deren Mindestvertragslaufzeit bis auf vier Monate abgelaufen ist. Bemerkenswert daran: Im Sommer, während der ersten Aktion, wurde ich (wie viele andere auch)
permanent angerufen, ob ich denn nicht von meinem derzeitigen Call & Surf-Tarif für 49,95 Euro auf den von der Leistung her identischen neuen Call & Surf-Tarif für 45,95 Euro umsteigen wolle. Der Haken dabei, der mir bei den ganzen Anrufen auch auf explizite Nachfrage nach Nachteilen nur ein einziges Mal mitgeteilt wurde, war genau die Verlängerung der Mindestlaufzeit von 12 auf 24 Monate. Heißt: Hätte ich damals am Telefon nicht gesagt "Warum rufen Sie mich eigentlich an, obwohl bei der Telekom vermerkt ist, daß ich keine Telefonwerbung wünsche?", sondern "Aber ja! Warum sollte ich nicht für die gleiche Leistung fünf Euro weniger bezahlen wollen, wenn es – wie Sie sagen – keine Nachteile gibt?", hätte ich mich nicht nur für 24 weitere Monate an die Telekom gebunden, sondern dürfte auch (fast) diese ganze Zeit lang zusehen, wie im Rahmen immer neuer Aktionen der Preis ständig weiter gesenkt wird (aktuell 39,95 Euro), während ich den alten, höheren Preis weiterzahlen muß. Monat für Monat.
Der Unterschied zwischen Neukunden und Bestandskunden illustriert recht schön, wie das System der "Kundenorientierung" funktioniert: Für die nur potentiellen Kunden gibt es bunte Werbezettel und Versprechungen aus der Marketingabteilung, für die geworbenen Kunden gelten dann das Kleingedruckte und die Vertragsbedingungen aus der Rechtsabteilung. Bestandskunde zu sein heißt: Wir haben dich schon am Haken. Bestandskunde zu sein heißt: Wir holen jetzt aus dir raus, was geht. Ist nicht persönlich gemeint, aber wir müssen schließlich auf den Börsenkurs achten. Diese Auffassung vom Kunden als Beute wird langsam zur Kultur aller Wirtschaftsbereiche. Die Telekommunikationsbranche macht dabei vor, wie es geht:
Google-Suchen nach "
TSD telecom" und "
freenet Cityline" garantieren Stunden lehrreichen Lesevergnügens. Ein Markenzeichen der TSD telecom – neben innovativen Formen der Kundenakquise – scheint ihre schlechte Erreichbarkeit bei Beschwerden zu sein. In diesem Zusammenhang vergleiche man auch die
unterschiedlichen Vorwahlen für allgemeinen "Kundenservice" und Änderungen der Bankverbindung (0800) und "Fragen zu Rechnungen" (01805). Daß es der einzige Weg ist, zu erfahren, warum man entgegen allen Versprechungen so viel Geld löhnen muß, noch mehr Geld durch teure Hotlines zu löhnen – das gibt es auch in anderen Unternehmen. Und es werden immer mehr. Wem die Gespräche mit irgendwelchen Call-Center-Zombies über rätselhafte Zahlungen immer noch
zu wenig unpersönlich sind, der möchte vielleicht dieses Geschäftsmodell aus einem ganz anderen Bereich als Kunde ausprobieren:
Werbeversprechungen zu glauben, kann immer teuer werden: Bei tollen telefonischen Aktionsangeboten, die einen dicken Haken enthalten, der aber freundlicherweise nicht mitgeteilt wird. Bei der Verheißung von Freiminuten, die dazu führt, daß man einen Vertrag abschließt, ohne es zu bemerken. Und bei exotischen Tieren unter Marktpreis, die man niemals erhalten wird. Rätselfrage: Was davon sind seriöse Marketingpraktiken, was ist branchenüblich, und was ist Betrug?