Wie leicht fällt es in diesen Tagen, sich durch Fußballübertragungen von der Arbeit abhalten zu lassen! Problematisch nur, daß das schönste Spiel keinen Spaß macht, wenn man beiden beteiligten Mannschaften völlig leidenschaftslos gegenübersteht. Vor allem der Zusammenstellung der Gruppe H verdanke ich schöne Stunden produktiver Tätigkeit an den entsprechenden Spieltagen. Für irgendwen sollte man schon sein, zur Not auch gegen. Die Hoffnung auf Erfolge beim Tippen bringt mein Blut dagegen kaum in Wallung, da ich in der Regel sowieso auf geradezu groteske Weise danebenliege. Stattdessen gilt es, auch die willkürlichsten persönlichen
Sympathien und Antipathien zu hegen & pflegen wie zarte Pflänzchen. Schwierig wird es allerdings dann, wenn beim Blick auf die Tabelle Herz und Verstand unterschiediche Signale aussenden. So fand ich mich heute in der Situation wieder, mir viele, viele Tore für Portugal zu wünschen, obgleich mich Cristiano Ronaldos Mannschaft eher kalt läßt – aber Angolas Weg in die Finalrunde hätte es erleichtert. Resultat: vergebens. Ade, Goncalves! Ade, Joao Ricardo! Schwacher Trost: drei seltene Tipp-Punkte für das 2:1. Noch schlimmer gestern abend Schweden gegen England: das mittsommernachtsromantische Herz eindeutig für Schweden, der Verstand aber für England – zum einen, um noch die Chance auf einen ... hm ... Farbtupfer in Gestalt von Trinidad und Tobago in dieser europäisch-lateinamerikanischen Veranstaltung zu haben, zum anderen, um der Menschheit die direkte Begegnung der Körperformen von Oliver Neuville und Peter Crouch zu ersparen. Wenigstens in dieser Hinsicht hatte der Gott des Rasensports ein Einsehen. Aber wenn Deutschland am Samstag gegen Schweden verliert, hab' ich nichts gesagt.