Die Aussicht, durch Fulda zu fahren, versetzt mich in solch unbeschreibliche Lethargie, daß ich mich nicht aufraffen kann, mein Buch aus der Reisetasche zu kramen. Auf der Suche nach anderweitiger Lektüre entscheide ich mich spontan gegen das im Zug ausliegende RapsMagazin ("Das Magazin der Union zur Förderung von Öl- und Proteinpflanzen"). Nicht wirklich kurzweilig ist auch der "Reiseplan", obwohl mich dort der "MasterCard-Botschafter" Jürgen Klinsmann auffordert: "Begleite unser Team während der FIFA WM 2006™!" So sehr ich mich freue, daß die Botschaft der MasterCard in alle Welt verbreitet wird (wer braucht schon die UNICEF?), frage ich mich doch, wie man "™" ausspricht. Aber Klinsmann lebt ja auch in Kalifornien.
Am Ende läuft alles auf das bewährte Bahn-Magazin "mobil" hinaus, welches – immer auf der Höhe der Zeit – mit einem Extra zur WM aufwartet. Interessant, wie hier (mobil 05/2006:82/83) der Frauenfußball gegen den chauvinistischen "Geist von 1850" verteidigt wird, demzufolge "Sport allgemein die Frauen vermännliche, die Heiratschancen mindere und die Gebärfreudigkeit einschränke". Das alles hat sich nämlich "nicht bewahrheitet"! Und heute, in unserer aufgeklärten Zeit, sieht natürlich alles ganz anders aus:
Während die ersten Kickerinnen Anfang der 70er noch wie Landpomeranzen daherkamen, sind die Mädchen und Frauen heute absolut en vogue. Vor TV-Interviews werden Lippen und Lidstrich nachgezogen, die Trikots sind meist von neuestem Chic. Silke Rottenberg, Torhüterin des Weltmeisterinnen-Teams: "Das Aussehen ist wichtig geworden. Seit ein paar Jahren lege ich Wert darauf, nicht mehr so maskulin zu wirken. Früher dachte ich: Hauptsache, ich kann Fußball spielen." Dass sie das beherrscht, bezweifelt schon lange keiner mehr, aber seit das Fernsehen den Fußballfrauen so nahe rückt, sind natürlich auch noch andere Ansichten interessant.
Ja,
das ist Gleichberechtigung, wie wir sie lieben, vor allem, wenn die Fußballfrauen "sich nach erfolgreichem Torschuss gleich den Männern das Trikot vom Leib reißen. Wie die US-Amerikanerin Brandi Chastain, die sich nach verwandeltem Elfmeter im WM-Finale 1999 entblößte und einen perfekt sitzenden Sport-BH präsentierte – in erotischem Schwarz".
Noch Fragen? Danke, Wolfgang Golz, für diesen wunderbaren Artikel. Er gibt mir nämlich genug Energie, um doch noch mein Sudoku-Heft herauszusuchen. Dabei wird es einem nicht ganz so schlecht.
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31.05.2006, 15:46 • Link • 1 Kommentar