Das 21. Jahrhundert ist insgesamt eine ziemliche
Enttäuschung. Es geht damit los, daß von all den atemberaubenden technischen Verheißungen der Science Fiction für das Jahr 2000 das Beste gar nicht realisiert wurde. Meinen vollautomatischen Haushaltsroboter, obgleich dringend benötigt, habe ich immer noch nicht bekommen. Stattdessen hat man sich an die klassischen Dystopien gehalten und bastelt lieber in den Bereichen Menschenzüchtung und Überwachungstechnologien herum; die Begeisterung für immer gefährlichere Risikotechnologien scheint ebenfalls ungebrochen. Wirklich frustrierend ist es aber, in wie vielen Gebieten man fröhlich hinter bereits erzielte Fortschritte zurückgefallen ist, die man eigentlich für sicher gehalten hatte. Arbeitnehmerrechte? Zivilisierung der internationalen Beziehungen? Umweltschutz? Alles Schnee von gestern. Wie oft soll man eigentlich für immer das Gleiche kämpfen?
Das dürfte sich nicht zuletzt die Frauenbewegung (oder das, was von ihr übrig ist) fragen. Vor ein, zwei Jahrzehnten sah es so aus, als würde zumindest dem westlichen Teil der Menschheit nach mehreren Jahrtausenden so langsam dämmern, daß es sich bei Männern und Frauen in erster Linie um Menschen handelt. Gleiche Spezies, gleiche Rechte. Und heute? Geht man nach dem Fernsehprogramm, scheint nichts so unterhaltsam zu sein wie das Herumreiten auf Geschlechterklischees. Männer machen dies, Frauen sind jenes. Ist halt so. Billige Lacher für jeden Comedian garantiert. Daß die Reduzierung von Frauen auf Körperlichkeit und Aussehen keine so tolle Sache ist, muß man heute auch wieder extra dazusagen. Ich habe es satt, bei nahezu jedem Bericht über erfolgreiche Frauen zu lesen, wie attraktiv und gutaussehend sie sind. Ich habe den Ausziehzwang für Sängerinnen und die kurzen Businesskostümchen satt. Ich habe den alltäglichen Werbe-, Hiphop- und Migrantensexismus satt. Und kommt mir nicht mit Leitkultur! Die westliche Mainstreamkultur mit ihrer Sexualisierung und ihren konsumgetriebenen Weibchenidealen (von der Ausbreitung der Pornographie ganz zu schweigen) ist genauso für den Arsch.
Aber halt, ich bin ungerecht. Dank der Biologisierung der Sozialwissenschaften wissen wir ja jetzt, daß das alles ganz normal ist. Fortpflanzung und so, die Gene, kann man nichts machen. Veränderung gesellschaftlicher Verhältnisse? Geht halt nicht. Das ist nicht reaktionär, das ist Wissenschaft. Kramt die Mutterkreuze wieder raus! Wenn ich mir die Meldungen anschaue, die mir täglich über meine Mailinglisten ins Haus flattern, kommt mir das kalte Grausen. Erst
heute wieder: "Was eine schlechte Kindheit mit Frauengesichtern anstellt – Studie: Stress in jungen Jahren macht weniger attraktiv und maskuliner". Leute, habt ihr nichts anderes zu untersuchen? O doch, nämlich zur Abwechslung mal die Attraktivität von Männern im Blick der weiblichen Betrachter. Die hängt nämlich langfristig ab von der – Tusch –
Kinderliebe. Was Frauen sich eben wirklich wünschen.
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