Es ist wirklich furchtbar: Das DKFZ, unermüdlicher Streiter für Gesundheit, Ordnung und Verbote (Tugenden, mit denen man – frei nach Oskar Lafontaine – auch ein KZ betreiben könnte), hat
herausgefunden, daß in den wenigen Fällen, in denen in der Gastronomie noch geraucht werden darf, tatsächlich auch geraucht wird. Empörendes Fazit zum
Nichtraucherschutz in der deutschen Gastronomie: "In den Hauptstädten der Bundesländer, in denen Ausnahmen vom Rauchverbot gelten, sind nur zwei von drei Gaststätten (68 %) rauchfrei".
Nur zwei von drei! Zwei Drittel reichen für eine Grundgesetzänderung, sie reichen nicht für das DKFZ. Man beachte bei der Prozentuierung übrigens erstens den Einschub "in denen [überhaupt noch] Ausnahmen vom Rauchverbot gelten" und zweitens, daß Gaststätten mit getrennten Raucher- und Nichtraucherräumen umstandslos den 32 Prozent "nicht rauchfrei" zugeschlagen werden. "Rauchfrei" ist eben ein totalitärer Anspruch, da gibt es kein Nebeneinander. Deswegen ist es auch kein Erfolg für den Nichtraucherschutz, wenn die Studie feststellt: "Einige Segmente der speisegeprägten Gastronomie sind heute (nahezu) komplett rauchfrei", denn "in den Bundesländern mit Ausnahmeregelungen kann im Schnitt in einem von fünf Restaurants geraucht werden".
In einem von fünf – wenn das nicht für einen Skandal reicht, macht man sich halt selbst einen: "Als Skandal ist die Situation im Hinblick auf den Jugendschutz zu werten: Bei 62 % der Raucherkneipen fehlte im Eingangsbereich der obligatorische Hinweis 'Zutritt erst ab 18 Jahren'". Und wenn wir gerade schon so schön am Blockwarten sind: "13 % der Raucherkneipen verfügten über mehrere Räume, obwohl es sich laut Gesetz um Ein-Raum-Kneipen handeln muss; 11 % der Raucherkneipen boten vor Ort zubereitete Speisen an, obwohl dies untersagt ist; in mindestens 9 % der Raucherkneipen überschritt die Gastfläche den gesetzlich festgelegten Grenzwert von 75 m²."
Und während ich mich noch frage, was die Quadratmeterzahl der Gastfläche mit dem Nichtraucherschutz zu tun hat, trifft mich schon der nächste Schock: "Zu den unter dem Gesichtspunkt des Gesundheitsschutzes besonders bedenklichen Sonderfällen gehören (...) die Shisha-Bars, in denen überall geraucht wird". In Shisha-Bars wird geraucht – was empirische Forschung nicht alles ans Tageslicht bringen kann! Irgendwie scheint der Nichtraucherschutz den Gesundheitsschutz bei Rauchern mit einzuschließen, und das heißt offenbar: den Schutz der Gesundheit vor ihren eigenen Besitzern. In diese Richtung zielt auch die Anklage an Berlin: "Dagegen sind viele Eckkneipen in den ärmeren Stadtbezirken nach wie vor verraucht". Ja, wo kommen wir hin, wenn der Plebs darf, wie er will? Oder wenn irgendwer darf, wie er will? In München "machen immerhin 17 Prozent der Getränkegaststätten von der einzigen verbliebenen Ausnahmeregelung – der Raucherlaubnis bei geschlossenen Gesellschaften – Gebrauch".
Eine einzige Ausnahmeregelung ist verblieben, und man erdreistet sich, von ihr auch noch Gebrauch zu machen? Nicht mit dem DKFZ! "Deutschland braucht eine einfache, umfassende und einheitliche Regelung zum Nichtraucherschutz in der Gastronomie, so wie sie in vielen anderen europäischen Ländern mit Erfolg eingeführt worden ist". Genau. Vielfalt und Wahlfreiheit war gestern, heute ist umfassend und einheitlich gefordert. Keine Ausnahmen mehr! Kein Rauch für niemand!
O schöne neue Welt, die solche Bürger trägt.
Abgelegt unter: Tabak
04.05.2011, 18:09 • Link • Kommentieren