Warum muß ich eigentlich nach all den Jahren immer noch jedes Mal ein bißchen heulen, wenn jemand aus der "Lindenstraße"
stirbt? (Ausnahmen: Franz Schildknecht, Maxl Zenker.) Gott, ist das peinlich – solche emotionalen Aufwallungen hat diese grottenöde Serie eigentlich nicht verdient. Dabei gäbe es wirklich etwas zu betrauern, nämlich das Ende der
Frankfurter Rundschau, wie wir sie kennen. Ich habe den Beteuerungen, inhaltlich würde sich mit dem neuen Tabloid-Format (*schauder*) nichts ändern, nie Glauben geschenkt – zumal gleichzeitig immer wieder auch so furchtbare Sätze wie dieser
zu hören waren: "Wir wollen weg von der Schwermütigkeit und dem Pessimismus. Wenn über Probleme berichtet wird, wollen wir gleichzeitig Lösungen aufzeigen und Experten zu Wort kommen lassen, die nach vorne blicken und sich engagieren". Daß das neue Layout mit den vielen bunten Bildern und neuen Schrifttypen fatal an eine Gratiszeitung für Pendler erinnert (inkl. Todsünde: fehlender Lead vor den Artikeln), ist nur der Anfang. Früher hat es zwar einige Zeit und Mühe gekostet, sich durch die FR zu arbeiten, aber wenn man das geschafft hatte, konnte man sicher sein, nichts Wesentliches vom Tag verpaßt zu haben. Heute war ich schneller mit der Rundschau fertig (56 halbe Seiten) als mit der taz (20 Dreiviertelseiten). Alle Achtung! Wahrscheinlich beabsichtigt, daß nix Wichtiges mehr drinsteht: So bleibt dann auch mehr Zeit zum Nach-vorne-Blicken.