Der Abscheu davor, den "Müll runterzubringen", scheint eine tief verwurzelte, atavistische Verhaltenskonstante des Menschen zu sein. Die Streitfrage, welcher Teil eines Paares die Aufgabe auf sich nehmen muß, hat Generationen von Humoristen Inspiration geliefert. Tut es jedoch niemand, wird man in den Sommermonaten binnen kurzem von den möglicherweise nettesten Insekten belohnt, die die Tierwelt aufzubieten hat: den Fruchtfliegen. Fruchtfliegen sind freundlich und diskret, stechen nicht, machen keinen Krach und sind im Gegensatz zu ihren Vettern, den Stuben- und Schmeißfliegen, in keinster Weise aufdringlich. So sehr sie sich für biologisch abbaubare Abfälle (insbesondere für Erdbeerreste) interessieren, so wenig Aufmerksamkeit schenken sie dem Menschen. Das mag einen Teil ihrer Faszination ausmachen, die ansonsten vor allem von der Frage getrieben wird, wo diese kleinen Tiere nur immer alle herkommen. Vielleicht liegt dieses offensichtliche Desinteresse an menschlichen Taten in der stoischen Natur der Fruchtfliegen begründet, die auch nach der schlußendlichen Entfernung des Biomülls noch eine geraume Zeit an ihrem Platz verharren. Irritiert und ein wenig vorwurfsvoll schauen sie dann aus ihren lieben kleinen Äuglein und kreisen sinnlos um die Leerstelle, wo einst das köstlichste Festmahl aus verrottenden Substanzen stand – ein grausames Schauspiel. Aber nötig, sonst stinkt's.
Abgelegt unter: Nette Dinge
16.06.2006, 14:51 • Link • Kommentieren