Drei Gefangene haben sich
offenbar in Guantanamo umgebracht. Was lernen wir daraus? Lagerkommandant Harris jedenfalls nicht viel: Für ihn waren die Selbstmorde eine geplante Aktion im
asymmetrischen Krieg gegen die USA. Aus dieser Perspektive erscheint es natürlich als besonders gemeiner Schachzug der niederträchtigen Feinde der freien Welt, sich von den aufrechten US-Truppen in
Haditha und anderswo massakrieren zu lassen. Kinder und Alte im Rollstuhl gegen schwerbewaffnete Soldaten – asymmetrischer geht's ja wohl kaum.
Mit Interesse darf man feststellen, daß die US-Kriegspropaganda wieder die orwellschen Dimensionen erreicht hat, die man noch aus dem Vietnamkrieg schätzt ("Es war nötig, das Dorf zu zerstören, um es zu retten"). Orwells "1984" sollte man ohnehin mal wieder zur Hand nehmen, wenn man die Außen- wie Innenpolitik der Vereinigten Staaten nach dem 11. September 2001 verstehen möchte. Terrorismus als Begründung dafür, daß der
Staat alles darf, ist ja keine besonders neue Idee. Goldstein oder bin Laden – wen kümmert's?
Daß im permanenten Ausnahmezustand die Grenzen zwischen Demokratie und Diktatur fließend werden, dämmert mittlerweile auch der
Frankfurter Rundschau. Diese Entwicklung hätte man allerdings schon früher ahnen können: "Krieg ist Frieden, Unwissenheit ist Stärke" ist schließlich nicht erst seit 2001 das inoffizielle Motto der USA. Letzteres gilt natürlich nicht für die amerikanischen Geheimdienste – die wollen nämlich
alles wissen. Für einen Rechtsstaat ist das zwar ein bißchen heikel, aber davon haben sich die Vereinigten Staaten von Guantanamo wohl
endgültig verabschiedet.